Westfalen-Lippe-Fahrt 2022 – das erneute Auswertedesaster

 

Von Dr. No

 

Die Westfalen-Lippe-Fahrt „Klassik“ sollte am zweiten Aprilwochenende 2022 die Auftaktveranstaltung des ADAC Oldtimer-Cup Westfalen Lippe und des ADAC Classic Revival Pokals in Nordrhein Westfalen markieren.

Eine Woche vor der Oldtimerrallye versprach die Wettervorhersage noch eine 90-prozentige Schneeregen-Wahrscheinlichkeit. Und in der Tat: in der Nacht zum 09. April regnete es bereits ordentlich. Noch in der Dämmerung fuhren wir morgens um 6:45 Uhr flankiert von dunklen Wolken und Regengüssen auf die A2 gen Osten. Dass sich das Wetter dann doch von einer wesentlich besseren Seite zeigte, kam den mehr als 75 teilnehmenden Teams zu Gute, kann aber sicherlich nicht dem Veranstalter positiv verbucht werden.

Wie bei der 80. Westfalen-Lippe-Fahrt traf man sich wieder in der Generalfeldmarschall-Rommel-Straße in der Oase Haus Senne. Ein schönes Ambiente mit freundlichem Personal und angemessenem Catering. Nach 3G-Kontrolle und Papierabnahme ging es zum Frühstück, welches neben belegten Brötchen auch Rührei bot. (Der Anteil Veganer scheint bei Oldtimer-Rallyes grundsätzlich eher schwach ausgeprägt zu sein.) Dann die obligatorische Fahrerbesprechung, an der man teilnehmen musste. (Mittlerweile fragt man sich, wofür das bei jeder Veranstaltung zum einen noch durchgeführt wird, zum anderen verpflichtend ist.) Neben Baumaffen sollte auch der erste Buchstabe der Ortsnamen auf den gelben Ortseingangsschildern aufgeschrieben werden. Bei „Stadt Bielfeld“ also das „B“. Der Spruch des Sportvorstandes: „Bei Bad Berleburg schreiben Sie bitte ein B auf“ war zwar lustig aber wenig hilfreich.

 

Etwas mehr als zwei Stunden nach unserer Ankunft in Augustdorf ging es dann endlich um 10:11 Uhr los. Der Hinweis im Rahmen der Fahrerbesprechung, dass die Fahrt dieses Jahr noch einfacher wäre als letztes Jahr, beflügelte unsere Motivation in keinster Weise – dann geht es am Ende doch wieder nur über die Zeiten. Nicht unsere Erfolgs-Domäne. Insgesamt waren 5 GLP zu fahren, davon die ersten beiden mit zwei Zeitnahmen. Die Orientierung erfolgte auf Karten im Maßstab 1:25.000 und eingedruckten schwarzen Pfeilen, ab und an auch mal Striche, die dann von A bis E oder durchnummeriert zu befahren waren. Die Qualität des Roadbooks war sehr gut, insbesondere die Lesbarkeit der Karten und der eingedruckten Aufgabenteile, sowie die gesamte Druckqualität. So wünscht man sich die Fahrtunterlagen auch bei anderen Veranstaltungen.

Die erste GLP kam relativ zeitnah im Gewerbegebiet Augustdorf. Das kannten wir doch, genau hier war die erste GLP im letzten Jahr. 2021 hatten wir Probleme mit unserer Technik, der Regularity-Timer wollte nicht anspringen. Mal sehen, ob es dieses Jahr besser läuft. Also, nach 2 Min 15 s das erste Mal, nach weiteren 4 Min 10 s das zweite Mal durch die Lichtschranke. Die stand auch an der gleichen Stelle wie letztes Jahr. An diesem Samstag schienen wir noch nicht aus dem Winterschlaf erwacht und holten uns gleich drei Sekunden rein. Zu Hause habe ich das aktuelle mit dem alten Roadboock vergleichen, und: Sogar die gleichen Zeiten mussten wir wie letztes Jahr fahren. Hier wünscht man sich dann doch etwas mehr Abwechslung.

 

Dann kam relativ zeitnah die zweite GLP. 7,2 km in 14 Minuten und 27 Sekunden. Die Strecke kam uns sehr bekannt vor: auch hier sind wir letztes Jahr schonmal gefahren und auch hier stand die Lichtschranke wieder im Wald am Ende einer Lichtung. Auf dem Weg zur Zeitnahme 2 veränderte sich glücklicherweise die Strecke. Auch bei dieser Doppel-GLP haben wir die Lichtschranke nicht ideal getroffen. Das Wetter hielt sich im Übrigen ausgesprochen gut. Wolke und Sonne im Wechsel –typisches April-Wetter. Bzgl. der Orientierung war die Streckenführung einfach. Keine Besonderheiten, lediglich 2 offensichtliche Überlappungen.

Bei der Mittagspause war keine Vorzeit erlaubt. Diese fand in einem Audi-Autohaus in Sennestadt statt. Wir hatten mehr als eine halbe Stunde Vorzeit – und dann fing es an zu regnen. Gefühlt ein mittlerer Weltuntergang. Als wir auf den Parkplatz des Autohaus fuhren, hörte es zum Glück auf und die Sonne kam raus. Es gab Brat- oder Currywurst, Pommes und zwei Suppen, Kartoffel- bzw. Gulaschsuppe, zur Auswahl. Diesmal waren die Getränke inklusive. Currywurst-Pommes aber auch die Suppen waren wirklich gut – wir erinnern uns noch an die kalte Wurst letztes Jahr am Bilster Berg. Die Toilettensituation war ähnlich angespannt wie 2021. Ein Toilettenwagen stand 300 m ums Haus. Schnell hatte sich eine Schlange von mehr als 20 Teilnehmern gebildet. Also, abwarten! Dann kam der Hagelschauer, zum Glück konnten wir noch im Autohaus ausharren. Die Parksituation war wieder sichtlich angespannt und die Oldtimer Wanderer mussten kurzfristig ihre Wagen besteigen, um weiter zu fahren. Wir erinnern uns an das Parkchaos bei der letztjährigen Mittagspause. Bei uns passte alles. Gleich nach der Losfahrt war eine 10 s Schlauchprüfung zu absolvieren, die ganz gut lief. Mit einer Abweichung von 0,25 s konnten wir zufrieden sein – immerhin.

Die Nachmittagsetappe war etwas abwechslungsreicher. Einige Überlappungen waren bei insgesamt wechselhaften Wetter-Bedingungen zu absolvieren. Dann Kaffeepause: wieder mehr als eine halbe Stunde Vorzeit. Bei ordentlich Regen warteten wir im Auto. Dann die ZK und es sollte zur Kaffeepause gehen, die offensichtlich in zwei eher kleinen Zelten auf einer Wiese stattfinden sollte, aber keine Einweisung. Die vor uns stehenden Autos bewegten sich nicht – was war los? Rechts die Zelte mit vor dem Regen Schutz suchenden Oldtimerenthusiasten, die nicht sonderlich glücklich aussahen. Wir scherten aus und parkten vor der freiwilligen Feuerwehr. Ich holte uns ein Stück selbstgemachten Kuchen und wir verbrachten wieder eine halbe Stunde im Auto. Es ist schon sehr optimistisch, Anfang April eine Kaffeepause auf einer Wiese in einem Zelt durchzuführen … Auch die nicht erlaubte Vorzeit bei den Pausen sollte vom Veranstalter dringend überdacht werden.

Kurz bevor es wieder losging ereilte uns eine Streckenänderung. Der Parkplatz auf S. 21 sei nicht befahrbar – alles klar. Wir fuhren los. Relativ bald eine Stempelkontrolle, die über einen Hof ging. Als wir zurücksetzten, um auf den Hof zu fahren, winkte der Streckenposten wild. Er war sichtlich irritiert, das schon mindestens fünf Autos vorbei gefahren wären, ohne sich einen Stempel zu holen – offensichtlich wurde er über die Sinnhaftigkeit einer Stempelkontrolle bei Oldtimerrallyes nicht aufgeklärt. GLP 4 war nett gemacht. Durchfahrt zur vollen Minute an der Lichtschranke, dann 20 s Zeit, einen Wendehammer und wieder durch die Lichtschranke zu fahren. Auch diese Prüfung lief ganz gut. Ansonsten war die Weiterfahrt unspektakulär.

Wir kamen nach Greste. Auf der rechten Seite stand ein Ortsausgangsschild. „Wenn hier das Ortsausgangsschild ist, war dann hinter uns ein Ortseingangsschild? Haben wir etwas übersehen?“ Komisch, wir fuhren doch in den Ort rein … und stehen Ortsende-Schilder nicht i.d.R. links? Wie sich im Nachgang herausstellte, war das Schild entweder vom Wind oder einem gegenfahrenden Trecker verdreht worden. Einige Teams haben es aufgeschrieben, andere nicht. Ein erster Konfliktpunkt.

 

Von Hörste ging es durch den Teutoburger Wald auf einer fantastischen Strecke zurück nach Augustdorf. Hier kamen wir an bewusstem Parkplatz vorbei. Dieser war in der Tat nicht zu befahren, nur Matsch und Dreck. Von der Straße gut erkennbar stand am Ende des Parkplatzes ein Baumaffe, die 23. Es folgten interne Diskussionen: Aufschreiben, nicht aufschreiben? Er stand rechts, war eindeutig zu sehen … Andererseits stand er auf dem Parkplatz und wenn ich nicht über den Parkplatz fahre, schreibe ich die Kontrolle nicht auf! Aber, warum haben sie den Baumaffen nicht ganz weggenommen. Also: Wir haben die 23 nicht aufgeschrieben! Auch das wird sicherlich noch Diskussionen geben.

Am Ziel, so gegen 17:30 Uhr, noch einmal eine problemlose 10 s GLP, das obligatorische Glas Sekt und die schöne ADAC-Plakette. Auf dem Weg zum Soldatenheim Oase die ersten Diskussionen: Habt Ihr die 23 aufgeschrieben? Was ist mit dem G von dem gedrehten Schild? Noch vor dem Abendessen folgten erste Gespräche verschiedenster Teilnehmer mit den Offiziellen, wie Fahrtleiter und Fahrerverbindungsmann. Die Bordkarte 1 hing aus – 0 Fehler. Die ersten GLP-Ergebnisse auch – naja, hätte besser sein können und wahrscheinlich auch müssen.

Das Abendessen war von gewohnt guter Qualität. Salat und Nachtischbuffet. Hauptgerichte: Gemüselasagne, Rinderbraten, Hühnchenfilets mit entsprechenden Beilagen. Hungrig musste hier niemand nach Hause gehen. Ein Lob der Soldatenküche. Getränke waren inklusive, auch Bier. Der Weißwein kostete extra, was mir erst mitgeteilt wurde, nachdem das voll eingeschenkte Glas vor mir stand. Egal – wir haben den Grauburgunder genossen.

Bordkarte zwei wurde ausgehängt. Die 23 stand drauf, das G des gedrehten Grester Ortsschild nicht. Wieder Diskussionen. Schließlich wurden beide Kontrollen neutralisiert – die richtige Entscheidung.

Die Auswertung zog sich weiter hin, erste Parallelen zum letzten Jahr wurden gezogen, wo die Siegerehrung erst gegen ca. 23:00 Uhr begann und die Ergebnislisten gefühlt mehr als 10 mal auf und abgehängt wurden.

Gegen 20:45 Uhr meldete sich der Vorstand Sport des ADAC OWL zu Wort und meinte, dass in ca. 15 Minuten die Ergebnisse ausgehängt würden. 30 Minuten später war es dann so weit. Komisch, warum waren wir so weit hinten? Die beiden Bordkarten waren doch korrekt, Ok – die Zeiten nicht brillant. Dann sah ich, dass bei uns ein Strafpunkt für eine ZK auf der ersten und fünf Punkte auf der zweiten Bordkarte aufgeführt waren. Wie kann das denn sein? Wieder zum Fahrerverbindungsmann. Beide Fehler sollten rausgenommen werden. Es war kein Einzelfall. Gefühlt war bei jedem zweiten Teilnehmer die Auswertung falsch. Dann entstand noch Aufregung, da die GLP-Zeiten gerundet worden sein sollten, was wohl nicht dem üblichen Standard entspricht. Wieder warten. Da wir keine Lust mehr hatten, entschlossen wir uns, gegen 22:00 Uhr nach Hause zu fahren. Der Saal hatte sich bereits bis auf ein Viertel der ursprünglichen Teilnehmer gelehrt. Die für 20:00 Uhr in der Ausschreibung angekündigte Siegerehrung fand auch nach 22:00 Uhr nicht statt. Auch eine weitere Ergebnisliste wurde nicht mehr ausgehängt. Gegen 23:00 Uhr erhielt ich eine Nachricht, wir waren gerade zu Hause angekommen, dass die Auswertung abgebrochen wurde. So etwas hatte ich bisher noch nicht erlebt!

Bis zur Erstellung dieses Berichtes am darauffolgenden Sonntag Nachmittag gab es noch keine weiteren Infos zu den Ergebnissen. Die Teilnehmer werden sich wohl noch gedulden müssen.

Resumee

Bzgl. der Aufgabenstellung hätten wir uns mehr Abwechslung sowohl bei den Orientierungsaufgaben wie auch bei den Gleichmäßigkeitsprüfungen gewünscht. Dass teilweise die Strecke und sogar die zu fahrenden Zeiten identisch wie im Vorjahr waren, muss wirklich nicht sein. Darüber können auch nicht das gut gemachte Roadbook und das Programmheft hinwegtäuschen. Dass die 23 vom Veranstalter, wie sich herausstellte, extra zur Straße gedreht wurde, damit jeder sie sehen und aufschreiben könnte, halte ich für sehr grenzwertig. Wie weit darf eine Kontrolle von der Straße entfernt stehen? Und, nach wie vor steht sie am Parkplatz und nicht an der Straße! Sinnvollerweise wurde die Kontrolle neutralisiert.

Aus den Erfahrungen der Auswertungskatastrophe des letzten Jahres hätte man dieses mal lernen können und müssen. Offensichtlich hat sich an der Vorgehensweise nichts geändert. Es erscheint mehr als blauäugig eine Siegerehrung für 20:00 Uhr anzusetzen und in der Ausschreibung anzukündigen. Dass es am Ende keine Ergebnislisten gibt, ist mehr als blamabel, insbesondere für eine vom ADAC selbst durchgeführt Veranstaltung. Es ist sehr positiv anzumerken, dass so viele freiwillige Mitarbeiter die Veranstaltung unterstützen und ihre Posten übernehmen. Für die Zukunft gilt es, das Thema Auswertung zu optimieren und auf neue Füße zu stellen. Wenn zudem die Ergebnisse einer Oldtimerveranstaltung allein auf den gefahrenen Zeiten basieren und unabhängig der Orientierung sind, da ein Großteil der Teilnehmer eine 0-Fehler Bordkarte besitzen, ist auch das ein nicht ausgewogenes Konzept.

Würde diese Veranstaltung nicht zu den ADAC Pokalserien gehören, würden wir sie aus unserem Portfolio streichen, unabhängig der sonstigen positiven Rahmenbedingungen wie Location, Online-Nennung oder Qualität der Unterlagen.