Die Jahresendabrechnung wurde ggf. etwas verfrüht erstellt, denn zwei Ori-Veranstaltungen stehen im düsteren November noch an, eine davon findet schon zum 63. Mal statt. Wow, das nennt man Tradition. Ausrichter ist der MSC Heiligenhaus, und ich dachte immer, das liegt bei Düsseldorf. So war bei der ersten Teilnahme 2015 die Überrachung eher groß, dass das Start-/Ziellokal in Lohmar-Wahlscheid liegt. Wo nochmal? Von Münster aus also ziemlich am Ende der Welt. Wie es sich für eine zünftige Ori gehört, sind die Regeln klar, die Aufgaben jedoch troztdem herausfordernd, auch in der Klasse N. In Erinnerung geblieben sind mir winzige Kartenaufgaben in einem „Roadbook“, was gerade mal zwei DIN A 4 Seiten umfasst. Zudem ist hier ohne Brille, Lupe und auch Licht nicht an ein gesittetes Ankommen zu denken. Der relativ späte Start sorgt nämlich dafür, dass große Teile der Strecke bei Dämmerung bzw. Dunkelheit zu fahren sind. Aber das macht eben auch den Reiz einer solchen Veranstaltung aus.

Aufgrund der ganzen Corona-Verschiebungen wurde der Termin der Fahrt mehrfach verändert und auf diesem Weg kam mir dann auch der Fahrer abhanden (der lieber an diesem Tag bei der IGM dem Kommunismus fröhnt – solange es dort Essen und ausreichend Bier gibt…). Zum Glück konnte Sonderagent Dr. No mit der Lizenz zum Streichergebnis einspringen.

Eine Woche vor der Fahrt wurden die finale Starterliste und die Fahrerbriefe veröffentlicht. 54 Teilnehmer, darunter viele bekannte und erfolgreiche Teams, das ist für eine Ori im Niemandsland der Aggertals schon sehr ordentlich! Mit Blick auf die Aufgaben und Ergebnisse aus 2015 war unsere Wahl wieder glasklar auf N gefallen. Das war dieses Mal auch die Klasse mit den meisten Nennungen (ganze 37% der Starter waren hier vertreten). Ähnlich wie bei der jüngst leider verschiedenen NAC Winter-Ori trifft man sich auch in Wahlscheid relativ früh um die Mittagszeit in einem Lokal (Auelerhof) und wartet dann ca. 1,5 Std. bis zu seiner Startzeit. Ein Beitrag zur Förderung der lokalen Gastronomie? Eine Stärkung vor einer solchen Fahrt kann sicherlich nicht schaden, aber schon die Römer wußten: „voller Magen orientiert nicht gern!“ (… hätte ich mich daran mal gehalten…)

Bei unserem Eintreffen herrschte (wie immer) bereits geschäftiges Treiben. Der Parkplatz am Aueler Hof war bereits ziemlich überfüllt und weitere Teilnehmer kamen laufend hinzu. Die nun entstehende Parkplatzhektik begleitete die Veranstaltung auch den ganzen Start über, da viele Teilnehmer wo anders geparkt hatten und ihre Fahrzeuge zum Start an den Aueler Hof fuhren. Nicht ideal gelöst. Es gab eine kurze Fahrerbesprechung mit der Möglichkeit für Fragen, ansonsten auch einen recht ausführlichen Aushang mit einigen Erläuterungen. Die „Speisekarte“ war sehr übersichtlich und handgeschrieben, aber die Currywurst mit Pommes war voll ok (man erinnere sich an den Bilster Berg…würg). Allerdings hätte ich mich hier zurückhalten sollen. Auf den kleinen Bergstrecken, die noch folgten, wäre ein weniger voller Magen besser gewesen.

Zunächst aber betrat der Fahrleiter den Raum: „Startnummer 43? Startnummer 43?“ schalte es durch den Festsaal… Oh, das waren wir. Was ist los? Maskentechnisch bedingt war die Verständigung zunächst nicht ganz eindeutig. Dafür schallte es dann noch mal lauter: „IHR HABT NICHT BEZAHLT“ Gefühlt alle Blicke im Saal auf uns Schwarzfahrern… ! Moment, moment, natürlich hatte ich bezahlt. Nur war das schon Anfang 2020 gewesen, zum ursprünglich geplanten Termin! Da kannte der Fahrtleiter aber mal keine Gnade. „Unsere Liste stimmt. Sie müssen beweisen, dass Sie bezahlt haben“. Solche Ansprachen liebe ich, vor allem, wenn ich etwas „muss“. Nach einigem Hin und Her haben wir uns dann aber friedlich geeinigt. Zu Erläuterung sollte man wissen, dass man bei den üblichen Oldtimerrallyes gar nicht erst auf die Startliste kommt, wenn man nicht parallel zur Nennung überwiesen hat. In der Ori-Szene, die ja immer etwas besonders ist, scheint sich aber der bargeldlose Giro- und Sparverkehr noch nicht 100% durchgesetzt zu haben: viele Teilnehmer zahlen erst vor Ort in bar. Tja. andere Länder, andere Sitten. Wieder eine Erfahrung gemacht und demnächst werde ich dann mit gestempelter Quittung anreisen… 🙂

Der Start erfolgte im Minutenabstand im Lokal am Tisch. Dort begann auch die GLP mit einem Schnitt von 30 km/h über eine Strecke von 3-4 Km lt. Fahrerbrief. Wie man so etwas korrekt fahren soll, ist mir immer noch schleierhaft, denn die Km-Angabe ist „von-bis“ und so kann man die geforderte Durchschnittsgeschwindigkeit nicht in eine Sollzeit umrechnen. Allerdings zählt das Ergebnis dieser GLP auch nur bei Gleichstand nach Karenz. Der Fahrtleiter will zudem mit dieser Aufgabe wohl auch den Effekt erzeugen, dass die Teilnehmer zügig vom vollem Parkplatz wegfahren und nicht erst lange die Karten studieren. Dumm nur, dass die Strecke dann zunächst durch den Ort geht mit einer recht langen Tempo 30-Zone. Auch danach kann man nicht wirklich zügig fahren. Am Ziel der GLP hatten wir somit ungefähr einen 26er-Schnitt erreicht, was wir noch recht ok fanden.

Dann ging die Orientierung erst so recht los. Wie anno 2015 gab es nur 2 Seiten mit insgesamt 8 Aufgaben über 105 Km. Die Karten waren somit extrem klein (Maßstab 1:40.000) aber auch extrem präzise gedruckt. Wie schon erwartet. Ohne Brille, Lupe und später auch Licht geht hier gar nichts. Somit ist, zumindest in der Klasse N, weniger die eigentliche Aufgabenstellung die Herausforderung, sondern vielmehr die Strecke überhaupt korrekt zu finden und die kleinen Details nicht zu übersehen. Hier gab es eine Überlappung, einige kleine „Schwänzchen“ an den Pfeilen und mehrere Fahrten über Parkplätze. Das war alles sehr gut gemacht.

Das Bergische Land heisst ja so, weil die Grafen von Berg hier einst herrschten und nicht wegen der Berge hier. Allerdings würde auch letztere Begründung gut passen, wie wir wieder erfahren durften. Auf kleinen und kleinsten Straßen bzw. Wegen hatte der Fahrtleiter eine wirklich sehr schöne und abwechslungsreiche Strecke ausgetüftelt. Sehr eng zum Teil, und das ein oder andere Mal auch über Schotter und durch Matschwege. Eine DK stand auf einem Parkplatz, wo wir vom Stempelposten vor den metertiefen Schlaglöchern gewarnt wurden (sah auch eher wie eine Seenlandschaft aus). Dank quattro aber kein Thema. Andere Teilnehmer liessen auf den schlechten Strassen aber einige ausverkaufte AMG-Spezialteile beschädigt zurück, was nun auch nicht gerade sein muss. Ori ist eben Ori, und nicht umsonst fährt die Ori-Szene nicht mit hochwertigen oder tiefer gelegten Oldtimern herum, sondern eher mit durchaus robusten Alltagsfahrzeugen. Dr. No hatte erkennbar Freude am Fahren (auch mit einem Fabrikat aus Ingolstadt), der Gleichgewichtssinn des Beifahrers kam aber immer wieder in den Grenzbereich. So schnell wollte ich die Currywurst eigentlich nicht wieder sehen…

Wir waren schon wieder auf der Rückfahrt, also zweite Aufgabenseite, da erreichten wir eine Sperrung unserer Idealstrecke. Diese Stelle lag auch noch an einem Kartenübergang. Hierfür gab es extra Regelungen im Fahrerbrief und zudem eine ausgepfeilte Umleitung. Für uns, aber wohl auch viele andere Teilnehmer, war das aber nicht ein-eindeutig. Denn man sollte die Originalstrecke ja „am nächsten Abzweig nach dem Hindernis“ fortsetzen. Das haben wir, wie viele andere auch, versucht und wie so oft kam es dann hier zu dem „lustigen Gekreisel“ der Teilnehmer. Wir sind davon ausgegangen, dass die Sperrung mit Absicht eingeplant war. Wie sich nachher rausstellte, hatte der Fahrtleiter etwas anderes gemeint (was m.E. nicht den Regeln entspricht) und so haben wir hier ohne eigentliche Not bestimmt 15 Minuten verloren.

Die gepfeilte Umleitung führte bis Punkt A. Wir haben aber versucht, den Punkt B regelkonform anzufahren. Denn dort lag für uns der „nächste Abzweig nach der Sperrung“. Dummerweise hing hier auch nirgendwo eine Kontrolle. Alles also umsonst.

Jetzt wurde auch die Zeit knapp, die mit 180 Minuten plus 90 Minuten Karenz bemessen war. Wirklich schnelles Fahren war aufgrund der Straßenverhältnisse kaum möglich, zudem es jetzt auch schnell dunkel wurde. Alte Ori Regel: Sorgfalt vor Schnelligkeit, 10 Punkte sind sonst schnell im Sack. Und ganz am Ende schlug der Fahrtleiter noch einmal zu. Denn: Einbahnstrassenregelung galt nicht – Gegenläufigkeit also grundsätzlich erlaubt. Aber: Pfeile darf man nicht gegenläufig fahren, weder ganz noch teilweise. Und noch eins: alle Verbote gelten nur, solange nicht zwingend etwas anderes vorgeschrieben ist. Das muss man dann im Kopf kombinieren. Bei der „39“ hat das noch funktioniert, danach aber leider nicht mehr. Hier musste man erst einen roten Pfeil aus Aufgabe 1 zwingend entgegen fahren, den klitzekleinen Rest konnte man aber umfahren, es war somit nicht mehr zwingend gegenläufig. Das habe ich nicht mehr bemerkt…

Die Zeit bis zur Siegerehrung konnte man sich mit dem Abendessen vertreiben. Für 12,50 EUR gab es ein wirklich opulentes Buffet, bei dem auch ordentlich nachgelegt wurde, sowie einen netten Getränkeservice. Da kann man nicht meckern. Die Musterbordkarten und Ergebnislisten wurde extrem schnell ausgehängt. Wie bei vielen Oris gab es nicht nur die Punktezahl zu lesen, sondern man konnte auch direkt sehen, wo man den Fehler gemacht hatte. Ich finde das vorbildlich und frage mich, warum es bei den Oldtimerveranstaltungen immer wieder nicht möglich ist, einen ähnlich zeitnahen und korrekten Aushang hinzubekommen. Gleiches gilt für die gedruckten Musterlösungen je Klasse, die rundum verteilt wurden. Wie sich dann zeigte, hatten wir zwar nur einen Fehler gemacht (die „3“ am Ende fehlte), dank 19 Minuten Karenzzeit reichte das aber „nur noch“ für Platz 5 (von 20 TN), immerhin gab es aber auch noch einen Pokal.

FAZIT: Sehr gelungene Ori-Veranstaltung bei überraschend schönem Wetter. Mega präzises, aber auch kleinteiliges Kartenmaterial. Sehr schöne Streckenführung und angemessener Schwierigkeitsgrad in der Klasse N. Sehr gute Verpflegung im Aueler Hof. Das Teilnehmerfeld war ori-typisch eher „rustikal“, aber sehr gemischt, was ich gut finde.

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Weniger gut finde ich es, wenn Teilnehmerteams andere Teilnehmerteams beim Veranstalter wegen angeblicher Geschwindigkeitsüberschreitungen denunzieren und dies vor versammelter Mannschaft auch noch laut rausblöken müssen. Der Veranstalter hat darauf, wie ich finde, sehr angemessen reagiert. Natürlich muss man sensibel fahren, aber diese Form von „anpatzen“ (sagt der Österreicher so) muss auch nicht sein. Der Veranstalter sollte ggf. mal überlegen, keine GLP mit einem 30er Schnitt durch Tempo 30 Zonen zu legen.