Wo liegt eigentlich Rothenuffeln? Diese Frage habe ich mir schon mehrfach gestellt, immer dann, wenn ich bei einer Ori in Duisburg oder Bramsche unterwegs war und von weiteren Oris in u.a. eben Rothenuffeln gelesen bzw. gehört habe. Herausgefunden habe ich es bei der Kontaktlosen Orientierungsfahrt 2020, die dort veranstaltet wurde. Das „kontaktlose“ Konzept hat der MSC Rothenuffeln auf ganz besondere, innovative Art und Weise umgesetzt. Und zwar mit massivem IT-Einsatz. Die Teilnehmer starten zu einer beliebigen Zeit innerhalb einer Rahmenvorgabe (verlängertes Wochenende). Am Startort, der vorab per Mail bekannt gegeben wird, muss mit dem Smartphone ein QR-Code gescannt werden. So erreicht man eine Internetseite, auf der man sich mit Startnummer und Kennwort einloggt. So wird die Startzeit festgehalten und man kann das Roadbook downloaden. Nur die Bordkarte wird konventionell vor der Fahrt ausgedruckt und manuell/offline mit dem Stift befüllt . Im Ziel muss man die Bordkarte allerdings wieder mit dem Smartphone fotografieren und per Email an den Fahrtleiter schicken. Ja, bei dieser Fahrt ist der Laptop auf dem Schoß Pflicht. Das stellt ganz neue Anforderungen an das Equipment und die technischen Rahmenbedingungen. Internet am Start und am Ziel sind erforderlich und unterwegs darf den Geräten auch der Strom nicht ausgehen.

Die Fahrt in/um Rothenuffeln wurde in drei Etappen unterteilt, die an drei aufeinander folgenden Wochenenden im Juli 2020 zu fahren waren. Leider konnten sich nur 18 Teams für diese innovative Fahrt begeistern. Rothenuffeln liegt nicht besonders zentral und „dreimal dort hin gurken“ war vielen potenziellen Interessenten offenbar zu viel. Sie haben etwas verpasst!

Zum einen eine wunderschöne Landschaft, denn Rothenuffeln liegt am Rand des Wiehengebirges zwischen Minden und Lübbecke, nördlich von Bad Oeynhausen. Zu andere diese leicht konspirative Atmosphäre. Die Anfahrt erfolgte nach Navi gem. den Angaben des Veranstalters. Start war in einem Gewerbegebiet im relativen Nirgendwo mit Namen Erdbrügge. Bei „MTB Bekemeier“ stand ein alter, abgemeldeter LKW, bei dem der QR Code in die Windschutzscheibe geklebt war. Das hatte schon was von totem Briefkasten und James Bond. Oder doch Clever & Smart? Jedenfalls war es sehr spannend zu testen, ob die Technik denn funktioniert.. – man musste den Link zwar noch mal vom Laptop aus starten, aber dann hatte man die Strecke als PDF auf dem Laptop und es konnte losgehen.

Das digitale Roadbook der Etappe 1 bestand aus „nur'“ vier Aufgaben, davon drei als Karte und eine als Chinesendarstellung. Sah auf den ersten Blick eher unspektaktulär und „einfach“ (?) aus. Wie immer bei Oris steckt die Tücke aber im Detail und so verbrauchten wir schon knapp eine Stunde nur für Aufgabe 1. Hier störte auch eine Baustelle inkl. Streckensperrung den Ablauf. Trotz mehrfachem Gekreisel konnten wir keine Kontrollschilder erkennen…

Innerhalb Aufgabe 2 wurde dann mit spektakulären Serpentinen auf „chinesisch“ das Wiehengebirge in Richtung Hüllhorst überwunden.

In den nachfolgenden Aufgaben 3 und 4 ging es dann verschärft zur Sache. Kürzeste Strecke und Einbahnstrassensystem sowie eine Überlappung wurden ori-typisch geschickt kombiniert, um die Teilnehmer in die Falle zu locken. Hierbei mussten einige Streckenteile (sowie das E) mehrfach überfahren werden.

Das Ende der ersten Etappe war dann sehr unspektakulär irgendwo an der Strecke, wieder im Nirgendwo. Leider gab es hier keinen Parkplatz oder eine sonstige Haltemöglichkeit. Denn man musste ja jetzt, unter Zeitdruck, die Bordkarte fotografieren und per Mail korrekt verschicken. Das mit Warnblinkanlage auf offener Strecke… Auch dies hat im dritten Versuch funktioniert…

Nach knapp 2 Stunden war die erste Etappe für uns schon vorbei. Die Zeit war knapp, aber noch ausreichend bemessen. Am Ziel trafen wir weitere Teilnehmer, die zum Teil dann doch technische Probleme hatten (anderes Mobilnetz?!). Den Ausklang fand unser Ausflug ins Wiehengebirge dann im Café Waldkristall. So darf es gerne weitergehen.

Auch sehr innovativ und teilnehmer-freundlich: Die Musterlösung kann man sich als Youtube-Video anschauen…

Die zweite Etappe traten wir dann eine Woche später an, wieder an einem Sonntag. Dieses Mal mit dem „gelben Trikot“, da wir tatsächlich die erste Etappe „gewonnen“ hatten. Trotz dem einen Fehler. Der Start war dieses Mal beim Club Lokal des MSC Rothenuffeln (Landgast-. hof Tinas Stube). Der QR Code hing wieder sehr konspirativ in einem Fenster. Dieses Mal klappte die Anmeldung aufgrund der Erfahrung der ersten Etappe perfekt. Die Technik hatten wir schon vorbereitet (siehe das Bild mit dem Laptop auf dem Dach…)

Die Etappe war als „kürzer“ angekündigt worden. Nur ca. 30 km mit einem Zeitbudgt von 85 Min. Zunächst wurde Strecke gemacht. Mittels Chinesen ging es ca. 6 km in Richtung Nord-Ost. Verfahren konnte man sich bis dahin noch nicht. In Aufgabe 2 kam es dann darauf an, den Standort auf der Brücke zu erkennen, dann kürzeste Strecke und am Ende dann Punkt B auf dem zweit-kürzesten Weg anzufahren. Dies gelang, indem man einen Kreisverkehr einfach doppelt durchfuhr. Soweit bekannte Tricks…

Kritischer wurde es dann in Aufgabe 3, dem Kernstück der zweiten Etappe. Hier lauerten nicht nur kürzeste Strecken, sondern auch ein als Chinese getarnter Fischgrät. Obwohl ich diesen Trick eigentlich kenne (und sogar in einem Buch beschrieben habe…), falle ich darauf seit der Rallye Ruhrgebiet Classic 2016 immer wieder rein.

In der Aufgabe 3 wurden auch „Spuren“ gelegt, die man in der nachfolgenden und finalen Aufgabe 4 i.S. einer Gegenläufigkeit beachten sollte. Beides sehr schön gemachte Aufgabenstellungen. Spätestens hier stellte man auch fest, dass es um Rothenuffeln herum sehr viele Orte mit H gibt… eigentlich bestand dann fast die halbe Bordkarte aus H-Kontrollen. Und die Orte werden hier z.T. einfach durchnummeriert. Holzhausen I, Holzhausen II… Die Holzhausen 3 bis 24 haben wir dann nicht mehr durchfahren.

Viel zu schnell war Etappe 2 dann auch zu Ende. Dem Tipp des Fahrtleiters folgend, ging es dann zurück zum Start und zum Landgasthof Tinas Stube, die inzwischen auch geöffnet hatte. Wir waren sehr positiv überrascht. Schöne Terasse mit tollem Blick in die Landschaft, eine sehr freundliche Bedienung und gutes Essen. So sollte der Abschluss einer Fahrt sein! Noch ein Wort zur Wertung: Es reicht nicht, die richtige Strecke zu fahren, man muss dann auch die Schilder aufschreiben und dies nicht vergessen, weil man über die komischen Ortsnamen lacht …!

Die Etappe 3 ist wieder länger (120 min.) und startet in Kirchlengern / Stift Quernheim im Küchenfenster des Fahrtleiters. Dort hängt wieder der QR-Code, dem Schlüssel zu den Unterlagen. Dieses Mal brauchen wir zwei Versuche, dann ist das Roadbook als PDF wieder auf dem Notebook.

Klar ist, dass die Etappe 3 nicht nur wieder länger, sondern auch schwieriger wird. Absehbar sind insb. Gegenläufigkeiten zur Strecke in Etappe 1, die man sich wieder in Erinnerung rufen muss (oder sich nochmal anschauen kann). Im Prinzip ist der Streckenverlauf umgekehrt wie in E1. Von südlich des Wiehengebirges aus geht es über den Kamm, durch das Moorgebiet „Bastauwiesen“ zum Endpunkt in Holzhausen (I, nicht II).

Direkt in der ersten Aufgaben überrascht der Fahrtleiter mit neuen Begriffen: „Fahren Sie alle roten Bereiche von A nach E“. Bereiche? Bereiche? Diesen Begriff habe in diesem Zusammenhang noch nie gelesen oder gehört. Eine Falle?! Langes Rätseln, aber nichts gefunden. Abwarten. Gefunden haben wir aber eine A-E-Überlappung und die erwartete Gegenläufigkeit bzw. das Kreuzungsverbot im Verlauf von Etappe 1 und 3. Sehr trickreich platziert.
Danach geht es wie in E1 per Chinesen (echte Chinesen!) und Überführungsetappe über den Pass in Bergkirchen. Eine recht spektakuläre Strecke bergab die von einem Mehrfahr-Kreisel abgeschlossen wird. Dann geht es schon weiter in Richtung Moor und Kanal.

Aufgabe 6 ist eine weitere Herausforderung. Hier waren wir schon einmal (am Start) der ersten Etappe und es gilt, die entsprechenden Gegenläufigkeiten zu vermeiden. In Aufgabe 8 lauerte ein chinesisches Geheimnis und dann waren wir auch schon bei der finalen Aufgabe 9. Hier wurden wieder alle Register des Einbahnstrassensystems gezogen, bevor kurz vor Ablauf der 2-Stunden-Frist der finale E-nd-Punkt erreicht war. Schnell Foto machen und per Mail an den Fahrtleiter verschickt. Dieses Mal ohne Probleme!

Danach sollte es zum Abschluss wieder zu Tina gehen, in den Landgasthof. Aber leider macht Tina erst um 17 Uhr auf an Samstagen. Doof. Jedoch war schnell eine überaus charmante und stilvolle Alternative gefunden. Die Fahrt konnten wir ausklingen lassen im Hotel-Restaurant Wittekindsburg, direkt am Pass in Bergkirchen. Sehr empfehlenswert!

(Gesamt-)Fazit: Die kontaktlose Orientierungsfahrt des MSC Rothenuffeln hat uns sehr gut gefallen. Die Landschaft/Strecke war wunderschön und die Aufgabenstellung trickreich im Detail, aber nicht extrem. Die innovative technische Umsetzung hat funktioniert (bei schwierigeren Aufgaben á la VFF würde das aber nicht mehr funktionieren, da man ja nicht in die Karte rein zeichnen kann – und der Akku muss halten). Dazu kam die persönliche Betreuung durch den Fahrtleiter. Schade, dass nur insgesamt 20 Teams sich zur Teilnahme entschliessen konnten. Gerade die Aufteilung auf mehrere Etappen an verschiedenen Tagen hatte Charme und hat was Neues in die Fahrt reingebracht.