Corona-bedingt musste auch die Classic Rallye des AC Ahaus im Juni abgesagt werden. Nach nur vier Jahren konnte diese sich bereits als absoluter Höhepunkt im Bereich der Oldtimer-Rallyes etablieren. Aber auch der AC Ahaus bietet „virtuellen Ersatz“ – in Form von STAY SAFE 2020 – die Ori für Zuhause. Hierbei geht man jedoch einen etwas anderen Weg als die Ori-Freunde aus dem Rheinland. Es gibt zwar drei Etappen, aber die Dauer der Veranstaltung ist auf ein erweitertes Wochenende begrent. Ganz bewusst soll eine kompakte „Fahrt“ angeboten werden. Damit ist ja noch nichts über den Schwierigkeitsgrad ausgesagt…

Bei der Anmeldung musste man sich erst einmal mit einem etwas komplizierten Ticketsystem rumschlagen, welches der ACA auf der (sehr ansprechend) neu gestalteten Internetseite eingebunden hat. Also Digitalisierung bei der Anmeldung und der Bezahlung des Nenngeldes. Auch wenn das hier m.E. noch etwas holprig lief, so ist es doch konsequent und zukunftsweisend. Der Papierkrieg mancher „echter“ Veranstaltungen ist einfach nicht mehr zeitgemäß und die digitale Lösung passt auch besser zu einer virtuellen Fahrt.

DIe Fahrtunterlagen bestehen aus ganzen zwei DIN A4-Seiten. Mehr nicht. Davon umfassen die Regeln (vulgo Fahrerbrief) mal ein paar knappe Ausführungen. Diese wollen natürlich ganz genau gelesen und interpretiert werden! Die Aufgabenteile werden durch Pfeile und Punkte dargestellt, wobei die Punkte auf dem jeweils zweitkürzesten Weg anzufahren sind. Punkte und Pfeile können durchfahren werden, bevor sie an der Reihe sind. So steht es in den Bestimmungen. Moment… bevor sie an der Reihe sind? Was ist danach, können sie danach auch wieder durchfahren werden? Dazu steht im Fahrerbrief nichts. Also verboten? Man muss sich an die Grundregeln erinnern: alles ist erlaubt, was nicht verboten ist. Daher können Aufgabenteile auch erneut befahren werden. Der Fahrtleiter will einen also bewusst in die Irre führen. Neben dem Einbahnstrassenprinzip gibt es noch zwei ganz wichtige Regeln, was sich im Verlauf der Fahrt noch zeigen wird:

Kartenwechsel erfolgen immer erst mit dem Beginn des neuen Pfeils/Punktes. Man soll so lange nach der alten Karten fahren, wie es geht. Und: ein einmal befahrenes Straßenstück gilt während der gesamten Veranstaltung als vorhanden. Das gilt auch für Wege, die außerhalb der aktuellen Karte liegen.

Der Streckenverlauf orientiert sich an der Fahrt von 2018, von Ahaus aus geht es zum Schöppinger Berg und wieder zurück. Schnell erkennt man die Taktik: auf der Hinfahrt werden „Spuren“ gelegt, bei denen man dann später aufpassen muss, nicht gegen das Einbahnstrassenprinzip zu verstossen. Im Vergleich zu VFF wirkt das Kartenmaterial in Ahaus erst einmal schlecht, d.h. sehr pixelig und unscharf. Aber, das ist ausreichend. In Ahaus kann man die Aufgabenstellung auch in der gedruckten Version noch lösen und muss nicht mit einer 3000-prozentigen Auflösung am PC arbeiten..

Die Aufgabenstellung kommt in 3 Etappen daher und wirkt erst einmal verdächtig einfach.

Schnell zeigt sich aber, dass der Teufel im Detail steckt. Bereits kurz nach dem Start sind Straßen und Wege retuschiert. Und auch die L570 wurde mal eben bebaut 🙂

Am Übergang der Karten von Etappe 1 nach 2 lauert die erste Falle. Der Pfeilanfang liegt an einem kleinen Dreieck und man muss ihn von „hinten“ um das Dreieck herum anfahren. Also F aufschreiben. Tja, schon richtig gefahren, aber hier kommt die Anweisung mit dem Kartenwechsel zum Tragen. Da bis zum Pfeil noch nach alter Karte zu fahren ist (hier ist die Kontrolle nicht enthalten) – kein F. Der Fahrtleiter wundert sich später, warum fast alle Teilnehmer, auch die „Experten“, das falsch hatten..

Am Schöppinger Berg warten DK 1 und 2 sowie der Großteil der Etappen 2 und 3. Die Aufgabenstellung kombiniert hier das Einbahnstrassenprinzip mit einer Vielzahl retuschierter Wege. Zudem gibt es ständig einen Kartenwechsel. Nach dem F haben wir gelernt, dass immer nur die Kontrollen der jeweils aktuellen Karten aufzuschreiben sind. Da ist schon Konzentration gefragt. Es gibt nicht wirklich viele Kontrollen und diese sind auch in vielen Fällen noch negativ. Weitere Besonderheit: die DK dürfen – müssen – mehrfach aufgeschrieben werden. Bei einer Oldtimerfahrt normal, aber im Ori-Bereich total verboten. Aber auch das steht im Fahrerbrief („es sind immer alle Kontrollen der aktuellen Karte .. zu notieren“). Alter Ori-Leitspruch: Wer lesen kann, ist im Vorteil. Das allerdings auch gesperrte Straßen befahren werden können, wenn sie vorher schon einmal befahren wurden.. tja, darauf muss man kommen bzw. sich daran an der passenden Stelle erinnern.

Musterbordkarte und Lösungen werden über das Internet zur Verfügung gestellt. Wenig später folgt dann auch die Ergebnisliste. Hier gibt es einige Überraschungen, denn bei den ca. 55 Teilnehmern ist so etwas wie ein „Favoritensterben“ zu erkennen. Einige Ori-Experten haben es nicht ganz auf das Treppchen geschafft. Souveräner Sieg allerdings für Bernd Schmitz, der ja auch schon die VFF gewonnen hatte. M.E. ist das Umschalten von den diffizilen Ori-Regeln der VFF auf das schlanke Regelwerk des ACA nicht jedem gleich gut gelungen. Gerade die Nummer mit dem Kartenwechsel ist ja eigentlich sehr transparent, aber in der Praxis nicht immer präsent im Kopf. Und dass man eine DK mehrfach anfahren kann, mag in der Oriwelt unmöglich sein, war aber im Fahrerbrief klar beschrieben. Umgekehrt konnten sich die „Oldtimerfahrer“ im Vergleich zu VFF weiter oben platzieren. Es gibt also so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit. Und man erkennt, dass es eben doch Unterschiede gibt zwischen der Hardcore-Ori-Szene und dem Regelwerk der Oldtimer-Rallyes…

Fazit: Diese virtuelle Fahrt hat mir sehr gut gefallen und viel Spass gemacht. Kurz und knackig, sehr präzise Aufgaben und keine Mikroskope erforderlich. Mit so wenig Aufgabenstellung eine Fahrt sauber aufstellen, das ist schon sehr professionell. Sehr gut auch, dass es für die ersten 5 Plätze echte Sachpreise gab. Der AC Ahaus konnte seinen guten Ruf aus der Classik Fahrt virtuell souverän verteidigen.

Nächstes Jahr aber bitte wieder LIVE mit Start am Schloss (08.05.2021).